Ich habe es getan, ich war in München auf dem Oktoberfest.
Enttäuschung 1: Die Wiesn ist gar keine Wiese sondern ein ziemlich großer betonierter Platz, mitten in der Stadt (Was vielleicht auch ein bisschen die relative Wohnungsknappheit in München erklärt, wenn man eine riesige Fläche elf Monate im Jahr brach liegen lässt und im zwölften als Trinkerversammlungsstätte nutzt, anstatt sie zu bebauen und zwar mit Häusern die mehr als zwei Etagen haben, denn das ist wohl der andere Grund für fehlenden Wohnraum). Enttäuschung 2: Auf dem Oktoberfest bedienen auch Männer und nicht alle Bedienungen heißen Resi. Aber wenigstens tragen sie alle Dirndl (also die Männer natürlich nicht, die heißen Manfred und tragen Lederhose und Strickweste).
Zunächst kam ich mir ja ein bisschen verarscht vor, als ich Samstag in München auf dem Hauptbahnhof ankam und die Frauen und Männer in Dirndl und Seppelhosen eindeutig in der Überzahl waren. Wenn man sich aber da dran gewöhnt und ein paar von den Kleidern aus der Nähe betrachtet hat, stellt man fest, dass es kaum eine Frau gibt der so etwas nicht steht und die Vielfalt beeindruckend ist.
Mein lieber Freund Torsten hat mit seiner Planung für unser Wochenende auch dafür gesorgt, dass ich möglichst viele Dirndl zu sehen bekomme und meine Studien unter optimalen Bedingungen fortsetzen konnte.
Sonntag morgen um halb elf mit dem Biertrinken anzufangen, klingt anfangs vielleicht etwas verkommen, aber man gewöhnt sich recht schnell daran. Schließlich sind wir ja in München, da ist das so üblich und ausserdem sitzen wir im Paulaner-Zelt und die tollste Oktoberfestbedienung Jenny wäre ziemlich irritiert und besorgt um ihr Trinkgeld, würden wir Kirsch-Banane-Saft und schwarzen Tee bestellen.
Um es ein wenig abzukürzen, irgendwann zwischen der fünften und der sechsten Maß habe ich wohl meine kritische Distanz verloren, da wechselten wir gerade vom Paulaner- ins Hacker-Zelt. Daß man alle paar Minuten anstößt, mit allen Menschen die im näheren Umfeld sitzen, meistens auf Befehl der Kapelle (Ein Prosit ein Prosit .... bekannt aus der Wiesn-Liveberichterstattung im Bayrischen Rundfunk), daran hatte ich mich gewöhnt, das ab 18 Uhr alle Menschen anfangen auf die Bänke zu steigen, rumzuhüpfen und ganz ganz schlimme Lieder mitzugrölen (bekannt aus den RTL2-Reportagen), damit hatte ich nicht mehr gerechnet, wog mich die beschauliche Idylle im Paulaner-Zelt doch in trügerischer Sicherheit.
Noch weniger rechnete ich aber damit, dass ich mich daran beteiligen und auch noch Spaß dabei haben würde. Zu meiner Verteidigung muß ich anmerken, dass ich die ganz schlimmen Lieder aber ausgelassen und währenddessen durchs Zelt gewandert bin und mich meinen Dirndl-Studien gewidmet habe.
Da die Theresienwiese mitten in der Stadt liegt und um 23 Uhr Schicht ist, kommt man auch noch prima nach Hause um seinen Rausch auszuschlafen und am nächsten Tag wieder fit zu sein. Denn während der drei Wochen Wiesnzeit geht in München niemand arbeiten, alle sind am feiern. Und weil wir uns den einheimischen Sitten und gebräuchen nicht verschliessen wollten, sind wir natürlich am Montag auch nochmal gegangen, diesmal wurden wir auch mit den Widrigkeiten der Platzsuche konfrontiert aber schliesslich fanden wir unseren Platz direkt neben der Kapelle an einem Tisch der hässlichsten Oktoberfestbedienung (die so hässlich war, dass ich mir nicht mal ihren Namen gemerkt habe. Und ausserdem war sie ziemlich doof, warum hab ich aber vergessen). Und wenn ich dachte, Sonntag wär was los gewesen, dann wurde ich hier eines besseren belehrt. Sehr ausgelassene Fröhlichkeit, die erstaunlicherweise nicht aufgesetzt wirkte, sehr ansteckend war und mich wiederum dazu verleitete, auf der Bank zu stehen, mitzugrölen und rumzuwippen und wenigstens einen Arm in die Luft zu recken.
Insgesamt kann ich feststellen, das ich entgegen allen Erwartungen ziemlich angetan bin von der Fröhlichkeit und Ausgelassenheit und der Authentizität der Veranstaltung und es wohl ziemlich schade wäre, wenn man sich in München entschliessen würde, die Wiesn doch mit Wohnungen zu bebauen.
Mittwoch, 28. September 2005
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5 Kommentare:
Also ist dein Urlaub mindestens so exotisch wie meiner. Eher exotischer, ich wußte ja, was mich erwartet.
http://daniela-in-india.blogspot.com
Ach ja, als nächste Herausforderung empfehle ich den Karneval im nächsten Frühjahr.
Und am Wochenende VOR Rosenmontag wird über die Dörfer getingelt und jede Party mitgenommen. Das ist kein Sightseeing sondern LIFESEEING at its best.
Und es sind tatsächlich Menschen, auch wenn ich da jedes Mal wieder meine Zweifel habe.
ich sehe, du hattest spass!
ich auch!
Neidvoll muss ich diese Zeilen lesen und erkennen, dein blau-weisses Herz beginnt gerade fest zu schlagen. Wir werden wohl alle noch mit Jobs in Muenchen enden :-)
tja... die wiesn kriegt eben jeden klein...
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