Dienstag, 25. April 2006

Elektro Reinwardt

Mein Kiez hat sich in den letzten 16 Jahren verändert. Aufwendig sanierte Straßenzüge, kommende und gehende Trends im Einzelhandel (auf Videotheken folgten Bestattungsinstitute folgten Tabak- und Zeitschriftenläden folgten Callshops folgten Bäckereien), eine florierende Kunst- Galerienszene und aufregende Gastronomie machen das Leben in Alt-Treptow niemals langweilig. Es gibt allerdings eine Konstante in dieser ruhelosen Hood: Elektro Reinwardt – ein Laden wie eine Burg, den Geheimtipcharakter noch unterstreichend durch eine fast blickdichte braune Folie mit der die empfindlichen Waren in der vergitterten Schaufensterauslage vor gefährlichem Sonnenlicht vor dem Ausbleichen geschützt werden. Aktuell, also seit ca. 12 Jahren liegen dort sehr geschmackvoll arrangiert z.B. elektrische Dosenöffner, drei verschiedene Reiseföns, flotte Lichtschalter in kackbraun-metallic, Steckdosen in allen Varianten, Babykostwärmer, ein Wärmeunterbett, Gefrierdosen, extradicht schliessend und als echtes Schnäppchen ein Stereotestband (9,53 cm/s), original Friedensware von ORWO.
Der Laden ist so geheim daß sich nur selten Eingeweihte hineinverirren. Seit mindestens 10 Jahren frage ich mich, wie Herr Reinwardt oder wem auch immer der Laden gehört, Geld verdient. Ich komme da wirklich oft vorbei und versuche immer was von innen zu erkennen, dort ist nie jemand drin und das er nebenbei einen coolen Internethandel für Elektrobedarf betreibt, kann ich mir auch nicht vorstellen. Eine Zeitlang war ich der Meinung das wäre eine Geldwäscherei (was ich immer noch nicht ganz ausschliessen will).
Einmal, in großer Not, habe ich mich auch getraut den Laden zu betreten, ich brauchte eine Glühbirne. Die Raumtemperatur dort beträgt etwa 11 Grad, die Wände sind vollgestellt mit endlosen Regalen voller kleiner Schubfächer, in freundlichem eierschal gestrichen. Mein Betreten rief offensichtliches Erstaunen hervor, das etwas wirr dreischauende Männchen machte sich aber, nachdem ich mein Begehr vorgetragen hatte zielsicher auf die Suche nach meinem Leuchtmittel. Nachdem ich einen Apothekenpreis gezahlt hatte, war mir auch klar, wieso ein Kunde am Tag ausreicht.
Jaja, lacht über mich, meidet mich, zeigt mit dem Finger auf mich aber ich verkünde und stehe dazu, mir gefällt das neue Blümchen-Album. Fröhlicher Deutschpop der angenehmsten Sorte, sehr entspannt instrumentiert und textlich deutlich über dem Niveau ihrer alten Smashhits wie z.B. Piep piep kleiner Satellit oder Boom Boom Boomerang. Wohl nichts für die Ewigkeit, aber beim mitm Rad durch die Stadt cruisen diesen Sommer ein prima Soundtrack.
So, Froop ist out, selbermachen ist in. Und zwar Erdbeerquark. Und weil ich ja weiss, dass ihr es wissen wollt, verrate ich an dieser Stelle das Geheimnis einer guten Quarkmischung. Nämlich einen Esslöffel voll besten Balsamicoessig dazu.

Donnerstag, 20. April 2006

Montag, 17. April 2006


Eigentlich wollte ich ja noch eine Art Kritik zum Konzert von Jenny Lewis with the Watson Twins schreiben, allerdings fallen mir nur Superlative ein und das klingt dann ja irgendwie nicht seriös sondern wie überschwengliches Fan-Gehabe. Wobei es dazu allen Grund gäbe.
Mit dem festen Vorsatz in der ersten Reihe sitzen zu wollen war ich etwas früher da und konnte Jenny beim Vorbeilaufen anglotzen.



Als Support haben zwei Herren aus ihrer Band gespielt, Michael Runion und Johnathan Rice, letzterer so cool dass ich mir sogar seine CD gekauft habe.

Während des Konzertes habe ich einen neuen Fetisch entdeckt. Frauen in Cowboystiefeln, speziell die Watson Twins. Unglaubliche Stimmen, wahnsinnige Präsenz, umwerfende Frauen. Ich habe beschlossen sie zu heiraten. Alle beide.


Zum Schluss konnt ich mir dann einen Anfall von peinlichem Fanverhalten doch nicht verkneifen und habe mir die Playlist von unterm Microfonständer der Twins geklaut, mit original Fussabdruck.

In der Regel ist mir so billige Kapitalismuskritik deutlich zu plump.
In Verbindung mit der pointiert formulierten Klage über Übernahme der kulturellen Hegemonie durch schwäbische Zuwanderermassen im Berliner Traditionsbezirk Friedrichshain, in manchen frisch sanierten Eigentumswohnungsstrassen kann man durchaus von Ghettoisierung sprechen, finde ich sie durchaus unterhaltsam.

Donnerstag, 6. April 2006

Abt. Gehypte Bands von denen ich mir mehr verspreche

Kaiser Chiefs
Bis jetzt habe ich versucht es geheim zu halten, ein halbwegs normales Leben zu führen, wenigstens den bürgerlichen Schein zu waren. Ich bin nun aber an einem Punkt wo es sich nicht mehr verheimlichen lässt. Ich bin schwerstabhängig, ich gehe von morgens bis abends arbeiten um nicht auch noch in die Beschaffungskriminalität abzurutschen.
Es hat sehr schleichend angefangen, hin und wieder mal probiert, neue Sorten entdeckt, dann wochenlang gar nichts. Und irgendwann konnte ich nicht mehr ohne, ich brauche es täglich, manchmal sogar zweimal. Meist nehme ich es zuhause, damit mich niemand sieht, an langen Tagen aber hab ich auch was mit auf Arbeit. Meine Lieblingssorte ist Froop Pfirsich-Maracuja , dicht gefolgt von Erdbeere. Neulich hab ich nicht aufgepasst und statt dem favourite eine Sorte namens Exotic gegriffen. Schmeckt nicht schlecht, was genau Exotic ist, wird nicht erklärt, die Farbe der Fruchtzubereitung hat jedenfalls was von der Magensäure, die ich einmal im Jahr nach drei Tagen Migräne auskotze.
Allerdings gibt es Hoffnung, die neueste Entdeckung im Froop-Universum ist Zitrone. Und das schmeckt, wie alles wo keine echte Zitrone dran ist, nach Spüli und zum Abgewöhnen.