Ich hatte es mir so toll vorgestellt, ich aufm Bock als König der Landstrasse Franz Mersdonks Bruder im Geiste, Günther Willers fährt sicher hinter mir.
OK, das ein vollgeschmierter 7,5-Tonner nicht soviel hermacht wie eine 600-PS Zugmaschine, war mir schon klar aber wenigstens hatten wir Anrecht auf all die Fernfahrerannehmlichkeiten in der Truckerlounge auf der Fähre Richtung Schweden, Gratisbier in Strömen, riesige Schnitzel mit Pommes, nackte Weiber, Musik von Truckstop oder wenigstens Gunther Gabriel....nun ja, die Realität holt einen ja schnell wieder ein. Zwar war das Essen im Preis enthalten, genauso wie die Kabine, verheissungsvoll gabs sogar einen Voucher für EIN Bier, als wir aber in der Lounge ankamen mussten wir ernüchtert feststellen, dass es keine räumliche Trennung gab zwischen dem Pöbel – PKW-Touristen, Busreisegruppen und sogar Fußgängern – und uns und unseren Kollegen.
Als wir uns damit abgefunden hatten kam der nächste Schlag ins Gesicht. Das Fernfahrerbuffet war zwar dem Anschein nach reichhaltig, allerdings gar kein wirkliches Buffet, es gibt nämlich nur einen Teller voll und den darf man sich nicht einmal selbst vollmachen sondern man dirigiert einen Küchenknecht, der grundsätzlich zuviel Sosse auf den Teller kippt und immer die kleinsten Stücken Fleisch raussucht (Ich glaube ja, dass die großen Stücken nur zur Dekoration dort liegen, als Unterlage für die appetitlichen Zitronenscheiben). Die größte Schmach allerdings hatten sie sich für den Schluß aufgehoben. Voller Vorfreunde hatten wir uns aus dem Kühlregal ein RoPi (Für Aussenstehende: Rostocker Pilsner) gegriffen, voller Stolz wedelten wir mit unseren gelbleuchtenden Mealvouchern inklusive ein Bier oder ein alkoholfreies Getränk, bahnten uns den Weg zur Kasse und wurden gedemütigt. Der Kassenrochen wies uns mit schnarrender Stimme zurecht, zum LKW-Fahreressen gibt’s nur alkoholfreies Bier. Da es den anderen Jungs auch so ging, bzw. die ja schon seit Jahren so vor den Kopf gestossen werden, war die Stimmung natürlich entsprechend mies. Die meisten sassen rum starrten gedankenverloren in die Luft, stocherten in der etwas zu festen Götterspeise herum und rauchten.
Also blieb uns nichts weiter übrig als ins Bett zu gehen, wir standen ja so ein bisschen unter dem Druck mit allen anderen die Fähre zu verlassen und das Frühstück wollten wir ja auch nicht verpassen. Und das hat dann wieder ein wenig entschädigt für das Abendessen, das Rührei war einfach grandios und man konnte sich soviel gebratenen Speck wie man wollte drauftun.
Dann aber gings los, runter vom Kahn, auf die schwedische Landstrasse, in noch stockfinsterer Nacht. Und was folgen sollte war der so ziemlich schönste Sonnenaufgang den ich in meinem Leben bisher gesehen habe, ein Himmel der von tiefnachtdunkel über sattleuchtendorange zu klarleuchtendblau mit Sonne wechselte, dazu in harten Gegenlicht die wunderbare schwedische Landschaft, knorrige Bäuume auf geernteten Feldern, Windmühlen und die bunten Häuser allerorten.
Auch die folgenden Tagen überwältigten mich mit einer Pracht wie ich es nicht erwartet hätte. Einen kleinen Eindruck vermitteln die Bilder hier.
Und mit der christlichen Seefahrt wurden wir auch wieder versöhnt. Das Schiff zurück hatte nämlich eine schwedischen Besatzung und einen deutlich besseren Koch. Man konnte aus ungefähr 12 Sorten Fleisch wählen, überflüssige Gemüsebeilagen gab es nicht, dafür herrliche Bechermelkartoffeln.
Dafür war die Nacht ein Graus, es war hohe See und das Schiff schaukelte wie ein alter Seelenverkäufer. Zudem hatte ich in unserer Zwei-Mann-Kajüte das obere Bett und wenn man versucht sich festzuhalten und dabei einzuschlafen, vernachlässigt man entweder das eine oder das andere. Entweder schläft man ein und rumpelt weniger später durch die Gegend, oder man liegt stabil, schläft aber nicht. Ein Teufelskreis.
Und natürlich ist die Autobahn von Rostock nach Berlin frühmorgens auch nur ermüdend und kein Stück interessant. So aber hatte ich wenigstens den Anschein einer Ahnung wie sich ein Brummifahrer nach 30 Stunden auf dem Bock fühlt...
Samstag, 12. November 2005
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4 Kommentare:
Keine überflüssigen Gemüsebeilagen für Manfred Krug, das ist seit Jahren meine dringende Forderung : )
Offenbar entlohnt einen der liebe Gott mit besonders schönen Sonnenaufgängen immer für besonders bescheidene Überfahrten; meinen Schönsten habe ich nach 24 Stunden Fahrt in einem Mini mit defekter Auspuffaufhängung gesehen, nachdem Minuten zuvor der Gaszug gerissen war.
In dem Moment, als die Motorhaube geöffnet wurde, fing es an zu regnen, meinem von Blasenentzündung gequälten Beifahrer fiel immer wieder die Brille vom Gesicht (defekter Bügel), und die Taschenlampe, die 14 Tage lang ihren Dienst ohne Grund zur Beanstandung versehen hatte, gab just in dieser Sekunde ihren Geist auf.
Es gelang, den Gaszug durch den Choke zu fummeln, und mit 30 km/h fuhren wir die letzen Kilometer, während am Himmel die Sonne aufging und alles in ein wunderbares Licht tauchte.
da weiß ich ja, wen ich für meinen nächsten umzug anhaue...
Manfred Jonas Krug - der Truck steht dir wirklich ausgezeichnet und von den nackten Weibern kannste mir auch ein paar vorbeischicken!
ok, trucker-erfahrungen hast du jetzt gemacht, wie waere es nun den mit menschen-schleuser-abenteuern?
Alternativ auch ein Job als Rausschmeißer in einer Kneipe am Hamburger Hafen, eins der letzten Abenteuer der Menschheit.
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